Glossen 23


"Gegen religiösen Totalitarismus" -- Dokumentation des Manifestes muslemischer Intellektueller

"Wir, Schriftsteller, Journalisten, Intellektuelle rufen zum Widerstand gegen religiösen Totalitarismus auf und fordern die Unterstützung von Freiheit, Gleichberechtigung und säkulären Werten für alle.

Die Ereignisse nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in den europäischen Zeitungen haben gezeigt, wie wichtig es ist, für diese universellen Werte zu kämpfen. Dieser Kampf wird nicht mit Waffen gewonnen werden, sondern mit Ideologien. Es ist weder ein Kampf der Kulturen ("clash of civilisations"), noch der Gegensatz von Ost und West, den wir hier beobachten, sondern ein globaler Kampf, bei dem sich Demokraten und Theokraten gegenüber stehen.

Wie bei jeder Form totaler Herrschaft wird der Islamismus durch Angst und Frustration genährt. Die Hassprediger setzen auf diese Gefühle, um Bataillone aufzustellen, die uns eine ungleiche, unfreiheitliche Welt aufzwingen sollen. Aber wir wollen hier ganz klar und unabänderlich feststellen: Nichts, nicht einmal Verzweiflung, rechtfertigt den Totalitarismus, den Hass und die Feindseligkeit gegenüber der Aufklärung. Der Islamismus ist eine reaktionäre Ideologie, die Gleichheit, Frieden und Säkularismus tötet - egal wo er ist. Sein Erfolg kann nur zu einer Welt der Herrschaft führen: Die Herrschaft des Mannes über die Frau, die Herrschafft der Islamisten über alle anderen. Um dem entgegen zu wirken, müssen wir auch unterdrückten oder diskriminierten Menschen ihre universellen Rechte garantieren.

Wir lehnen den "kulturellen Relativismus" ab, der Frauen und Männern aus der muslimischen Kultur das Recht auf Gleichheit, Freiheit und säkuläre Werte aberkennt - und das angeblich im Namen vom Respekt für andere Kulturen und Traditionen. Wir weigern uns, dem kritischen Geist abzuschwören, nur weil wir fürchten müssten als "Islamophobe" denunziert zu werden. Dieser unglückliche Begriff verwechselt die Kritik am Islam als Religion mit der Stigmatisierung seiner Anhänger.

Wir setzen uns für die Allgemeingültigkeit der Meinungsfreiheit ein, damit der kritische Geist auf allen Kontinenten ausgeübt werden kann, gegen jeglichen Missbrauch und Dogmen.

Wir rufen die Demokraten und Freigeister aller Länder dazu auf, damit unser Jahrhundert eines der Aufklärung und nicht das Gegenteil davon werde."

Ayaan Hirsi Ali

Chahla Chafiq

Caroline Fourest

Bernard-Henri Lévy

Irshad Manji

Mehdi Mozaffari

Maryam Namazie

Taslima Nasreen

Salman Rushdie

Antoine Sfeir

Philippe Val

Ibn Warraq

(Übersetzung: Eva Lodde)

Aus: Spiegel on-line, 4. März 2006