Glossen 23


"Schürfarbeit" im Bewußtsein. Zu Schädlichs Roman Schott
Theo Buck

Hans Joachim Schädlich hatte, eigener Bekundung nach, "zeit seines Lebens unter streng diktierten Verhältnissen gelebt", bis er, "spät genug", durch die im Dezember 1977 erfolgte Ausbürgerung aus der DDR "in eine zwanglosere Gegend verschlagen wurde"[1]. Die rettende Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland markiert einen wesentlichen Einschnitt in seiner Vita und in seinem Schreiben. Ein Schriftsteller wie er weiß am besten, welche Chance es bedeutet, außerhalb einer "Welt der 'allseitigen' Lenkung und Kontrolle des Denkens, Sprechens und Schreibens"[2] leben und arbeiten zu können. Der mühsame Prozeß innerer Befreiung von den Zwängen der Diktatur machte ihn, wie er sagte, zum "gelernten Ostwestdeutschen"[3]. Er mußte als Autor zunächst einmal "eine vielgestaltige und vieldeutige Welt-Landschaft deuten lernen"[4]. Solange die deutsche Teilung fortbestand, teilweise auch zeitlich darüber hinaus, bestimmten die lastenden Erinnerungen zwangsläufig sein Schreiben in starkem Maße mit. Alle seine belletristischen Veröffentlichungen von Versuchte Nähe bis Tallhover können zu einem guten Teil auch "als politische Texte verstanden werden"[5], weil darin in stets neuer Form der Gegensatz von Zwang und Freiheit an konkreten Beispielen erlebter Diktatur thematisiert wird. Erst nach der so genannten 'Wende' entfiel der ständige direkte Druck dieser beklemmenden Erinnerungen. Befreit davon war Schädlich freilich noch lange nicht. Immerhin wurde es nun möglich, daß 1992 ein Erzählwerk erscheinen konnte, dessen Antrieb der Autor selbst mit dem Wortspiel charakterisierte: "frei von 'history' gelangte ich zur Freiheit in der 'story'. [...] frei von Geschichte gelangte ich zur Freiheit in der Geschichte"[6]. Es war der zwischen 1987 und dem Herbst 1991 entstandene Roman "Schott"[7].

Erstmals tauchte damit im Werkzusammenhang die Gattungsbezeichnung 'Roman' auf. Darüber, was ein Roman ist, gibt es eine ganze Bibliotheken füllende Literatur. Trotzdem oder gerade deshalb schrecke ich vor einer Definition zurück. Denn es besagt so gut wie nichts, wenn man den literarischen Gattungstyp des Romans als "Großform der Erzählkunst in Prosa" charakterisiert bekommt[8]. Längst nicht alle Hervorbringungen in dieser Großform genügen bekanntermaßen dem Anspruch der Erzählkunst. Ebensowenig kann man sich mit der simplen Quantitätsregel zufriedengeben, der zufolge eine narrative Darstellung ab 150 oder 200 Seiten als Roman gelten kann, während sie darunter als Erzählung, Novelle oder Kurzgeschichte einzustufen ist. Was aber macht einen ästhetisch relevanten Roman aus? Vielleicht könnte man sagen: Ein breit ausgeführtes, in sich abgerundetes poetisches Erzählsystem in Prosa. Denn diese Umschreibung läßt offen, was dabei erzählend abgehandelt und wie erzählt wird. Von Schädlich stammt eine für ihn typische ironische 'Erklärung' des Romans. Er bemerkte: "Ein Roman ist, wenn der Verfasser nicht aufhören kann zu schreiben. [...] Es kann aber sein, daß ein Verfasser aufhören kann zu schreiben, und das, was er geschrieben hat, ist dennoch ein Roman"[9]. Zwar erbringt auch diese paradoxe Feststellung nicht etwa eine weiterführende Klärung. Immerhin zeigt sie uns aber, daß jeder zur Kunstform ausgestaltete Roman seine eigene Bestimmung erfordert. Mit gutem Grund läßt Schädlich im Schott-Roman den Verfasser sagen: "Ich liefere bloß die Beschreibung. Machen Sie damit, was Sie wollen. Das geht mich nichts an. Es wird sich schon jemand finden, der eine Beschreibung der Beschreibung liefert" (185 sowie R,150). Mir bleibt darum nichts anderes übrig, als dem zu folgen und tatsächlich "eine Beschreibung der Beschreibung" von "Schott" zu versuchen.
Um das leisten zu können, ist erst einmal zu klären, was im Roman "beschrieben" wird. Nimmt man hierzu die Auskünfte des Umschlagstexts zu Hilfe, erfährt man folgendes:

Hans Joachim Schädlichs [...] Roman handelt von dem Versuch des Erfinders, Flaneurs, Untergrundkämpfers, Meeresbewohners, Wüstenwanderers, Autofahrers, Rauchers und Hundehassers Schott, die Pilotin Liu zu finden. Sie fliegt Passagier- und Kampfflugzeuge. Sie fürchtet das Feuer. Liu wehrt Schotts Liebe ab. Aber mit wem spricht Schott, wenn er mit Liu spricht? Mit wem spricht Liu, wenn sie mit Schott spricht? Sie leben nicht in der gleichen Zeit.
Schott und Liu kämpfen gegen mörderische Feinde. Vielleicht gewinnt Schott. Liu verliert.
Herrscht Krieg? Welcher? Herrscht Frieden? Welcher?
[...]
Der Verfasser des "Schott" läßt sich von einem erzählten Verfasser unterbrechen, beide werden von einem Kunstrichter irritiert, die Leser sind Figuren des Buches - Schädlichs Sprachzucht läßt keine erzählerische Gemütlichkeit zu.

Soweit die knappen Hinweise des Verlagslektorats zu Inhalt und Erzählform des Romans. Sie erfüllen zwar ihren eigentlichen Zweck, den Leser neugierig zu machen; sie machen ihn jedoch zugleich hungrig nach weit mehr.

Soviel dürfte indes schon deutlich geworden sein. Eine einfache Inhaltsangabe ist nicht möglich, weil es keine 'Geschichte' gibt, die sich nacherzählen ließe. Im Buch über Schott geht es nämlich um ein Schreiben - und in der Folge um ein Lesen - als "ein wahrhaftes stilles Denken"[10]. Ausdrücklich bekennt der Autor gegenüber seinem Leser: "Ich habe zwar nicht die Absicht, Sie zu beschwindeln. Aber es fällt mir ziemlich schwer, zwischen Fakten und Fiktion zu unterscheiden"[11]. Wie er weiter betont, sind "die Realitäten der Möglichkeit"[12] Gegenstand seiner Arbeit als Schriftsteller. Gemeint ist damit die innere Realität des eigenen Bewußtseins. Der Autor legt zur Motivation seines Schreibens Wert auf die Feststellung: "Weil ich etwas erkennen will - einen Zusammenhang, eine Sache, einen Menschen. [...] Etwas im Schreiben erkennen, heißt andererseits: etwas erkennbar machen"[13]. Offensichtlich stellt das eine große Herausforderung an den Leser dar. Schädlich erklärt dazu: "Der Leser kann keine Erkenntnis schwarz auf weiß nach Hause tragen; er ist an der Gewinnung von Erkenntnis beteiligt, oder er bleibt ohne Erkenntnis vor dem Text zurück". Allein seine "mitwirkende Phantasie"[14] erschließt demzufolge das, worauf es dem Roman ankommt. Die subjektive Realität des Bewußtseins läßt sich eben nur subjektiv erfassen. Darum gilt für den Roman die an einer Stelle eingeflochtene Bemerkung: "Nur noch eins, sagt der Verfasser. Seien Sie vorsichtig! Auf den ersten Blick sieht alles anders aus" (186).

Geht man unter solchen Voraussetzungen an die Lektüre des Buches heran, begegnet man einem "Aggregat von Bruchstücken"[15] in Gestalt unterschiedlich langer Abschnitte[16]. Ein ganzes Geflecht von Erzählepisoden ist in assoziativ-freier Montage untereinander verbunden. Mit ihnen muß sich der Leser, wie schon der Autor, in mühseliger "Schürfarbeit"[17] intensiv herumschlagen. Ein auf Anhieb bestürzendes Aufgebot von Wortkolonnen und Satzvarianten sowie ein kunstvoll vernetztes System linguistischer Operationen und serieller Spielanordnungen durchbrechen schroff den gewohnten Blick des Romanciers auf die Wirklichkeit. An vielen Stellen gewinnt man den Eindruck einer realistischen Schreibhaltung. Allerdings schwingt in ihr immer auch unverkennbare Angst vor der bestehenden Realität und gleichzeitiger Protest dagegen mit. Keine 'fertige' Erzählung bindet den Rezipienten an die Geschichte. Vielmehr besteht die angemessene Lektüre darin, sich dem spielerisch-ernsthaften Arbeiten des Textes direkt auszusetzen. Serielle Alternativangebote und assoziative Verballogik bestimmen derart eindeutig das Erzählgefüge, daß die normalerweise zu beobachtende Lesererwartung vertrauter Kausalzusammenhänge im Rahmen einer linearen Figurengeschichte fortgesetzt enttäuscht wird. Zwar beschreibt Schädlich, wie jeder Erzähler, bestimmte Ereignisse und nutzt ebenso die vertrauten Möglichkeiten der Figurenrede, aber er verwandelt darüber hinaus den Erzählraum in ein Experimentierfeld von Worten und Sätzen. Die mit verläßlicher Konsequenz ausgearbeiteten Aussageadditionen, Permutationen und Textvarianten haben die Funktion sondierender Prüfung und Erprobung einer real grundierten Textvirtualität. Sie leisten durchaus, wie ein traditionelles Erzählen, eine narrative Sondierung der realen Szenerie. Gleichzeitig ziehen sie jedoch den Leser in eine osmotische Bewegung zwischen Innenwelt und Außenwelt, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Gegenwart und Zukunft, zwischen Leben und Tod hinein. Das eröffnet Dimensionen, die vom Autor ganz dem literarischen Ausdruck, der Textur, und damit dem Leser überantwortet werden.

Hinzu kommen außerdem noch ironisch eingeflochtene poetologische Exkursionen von Seiten des "Verfassers" und des "Kunstrichters". Textimmanent findet, in jeweils direkter Auseinandersetzung mit dem gerade Erzählten, eine Diskussion über konventionelles und innovatives Schreiben statt. So stellt der "Verfasser" in diesem Roman der Unsicherheit beispielsweise fest: "Vielleicht hat ein Leser oder eine Leserin in der Schule gehört, daß man nicht allzu oft 'vielleicht' sagen soll" (309). Derartige Bemerkungen charakterisieren einen komplex ausdifferenzierten Erzählvorgang, der allein im Bewußtsein des Lesers zu einem produktiven Ende kommen kann. Wenn etwa, um nur ein Beispiel anzuführen, geschrieben steht: "Die Art, in der Liu diesen Satz sagt, kann betrübt und vorwurfsvoll oder rechtfertigend und abweisend heißen" (12)[18], muß der Leser, will er weiterkommen, eine Auswahl unter dem Angebotenen treffen. Der gesamte Roman besteht im Grunde aus Angeboten dieser Art im Rahmen einer konsequent durchorganisierten Sprachebene. Es ist deutliche Vorwegnahme von dagegen zu erwartenden Einwänden, wenn der Autor den "Kunstrichter" sagen läßt: "das kommt davon, wenn man ohne Plan arbeitet. Wo gibt es denn so etwas: keinen Überblick über die Personen der Handlung" (301). Schädlich setzt mit diesem ironisch fragenden Verweis möglichen Kritikern mit herkömmlichen Vorstellungen zur Romantheorie gezielt sein autonomes Erzählmodell "sprachlich-assoziativer Innovation"[19] und inszenierter 'Real'-Fiktion entgegen.

Schott, die Hauptfigur, ist eine reine Ausgeburt narrativer Phantasie und insoweit "mit Leib und Seele ein Stück erzählerischer Einbildungskraft" (Sibylle Cramer)[20]. Die damit verbundene Preisgabe der Eindeutigkeit erlaubt dem Autor eine völlig freie Bewegung über Raum und Zeit hinweg. "Ich bin nur ein einfaches Beispiel" (315), bekundet der Protagonist zu seiner Rolle. Dahinter steckt, erzähltechnisch betrachtet, eine die vertrauten Erzählformen gründlich aufhebende Weiterführung der narrativen Strategien Robert Musils, der im großen Romanfragment "Der Mann ohne Eigenschaften" den "Möglichkeitssinn" als Faktum etablierte. Seitdem gehört der Modus des Möglichen, der Potentialis, zum epischen Gestaltungsrepertoire. Schädlich machte für seinen Schott-Roman den Konjunktiv zur erzählerischen Zentralkategorie. Deshalb stellt sich die Frage: "Ist die Rede von dem, was ist, oder von dem, was sein könnte?"[21] Das erzählte 'Geschehen' oszilliert fortgesetzt zwischen Indikativ und Konjunktiv, zwischen Fakten und Annahme, so daß Lius Bruder im Text resignierend verlauten läßt: "Auch ich neige immer stärker dazu, den Unterschied zwischen Illusion und Wirklichkeit aufzugeben" (262).- Zur angestrebten Brechung der erzählerischen Unmittelbarkeit trägt zusätzlich ein ausgeklügeltes System antimimetisch wirksamer Intertextualität in Gestalt direkter Zitate oder in der Form einer interauktorialen 'Archäologie' des Erinnerns bei, die von der Bibel über Kant oder der "Winterreise" Wilhelm Müllers und Franz Schuberts bis zu Schlagertexten reicht. Die literarische Produktion gewinnt daraus dynamisierende Impulse gemäß der Konzeption Goethes in den Paralipomena zum West-östlichen Divan: "Überlieferung ist ein Würfelwurf / das Benutzen des Spielers / Verdienst"[22].

Allein schon durch die Form thematisiert der Roman die Problematik von Wirklichkeit und Fiktion. Obwohl das Geschehen um Schott und Liu dem Vernehmen des Autors nach "ganz auf Fiktion beruht"[23], wird der Text dadurch noch lange nicht zu einer rein fiktiven Wunschproduktion. Durch die zum sorgsam durchkomponierten Sprachspiel gehörenden Spielfiguren ergeben sich wie von selbst "erlebte Inhalte" (301), nämlich in den Strukturen festgeschriebene Geschichtspartikel voller Material aus dem Alltagsverschnitt unserer Realität. Allermeist handelt es sich dabei um zwischenmenschliche Krisen und Konflikte. Schott durchlebt eine Fülle allegorischer Situationen vom Stau auf der Autobahn bis zur Kriegführung und Menschenverbrennung, von der Unterwasserexistenz bis zur Austrocknung des Körpers zum Pergament. Damit einher geht eine irritierende räumliche und zeitliche Entgrenzung[24]. Ihren Höhepunkt findet sie in der "Party", in deren Verlauf ein guter Teil des Figurenensembles nacheinander auftaucht (321-329). Als Suchender oder als Träumender, aber auch als extrem Verunsicherter und Geängstigter bewegt sich Schott dennoch durchaus im Konkreten und gewinnt dadurch mit seiner offenen Existenz für den Leser die Wirkung einer in die Realität eingeführten Sonde. Mimetisch angelegte Schreibstrategien erlauben es dem Autor, uns im virtuellen Raum und in fiktiven Zeitstufen die Grundmuster des Lebenstheaters seriell verstärkt und variiert vorzuführen. Die ironisch-souverän gehandhabte Erzählkonstruktion erweist sich als eine experimentell durchgespielte Bewußtseinsinventur. Das macht den 'Verfasserroman' automatisch zum 'Leserroman', - eben zur "Schürfarbeit".

Es gehört konstitutiv zur ganz eigenen Schreibweise dieses Buches, daß konjunktivische Ansprache und serielle Ausgestaltung sich wechselseitig ergänzen und erhellen. Exemplarisch hierfür ist etwa die sich über mehrere Seiten erstreckende, ironisch durchgestaltete Evokation einer anzunehmenden alkoholgeschwängerten Nacht mit "Einzelheiten [...] eines Geschlechtsaktes" (7)[25]. Nebenbei mokiert sich der Autor hier über voyeristische Leser mit der eingefügten Bemerkung: "Der Verfasser sagt, Soeben hat ein Leser gefragt, Wenn ich mich durch diesen Berg von Sätzen gefressen habe - komme ich dann ins Schlaraffenland, wo mir die gebratenen Wörter ins Maul fliegen? Ich habe geantwortet, Sie sind schon mittendrin" (76). Ohnedies ist der erzählte und fortwährend miterzählende "Verfasser" innerhalb des vielfältigen Figurenensembles diejenige Instanz, die den Leser immer wieder an die Notwendigkeit erinnert, selber mitzuarbeiten. Indem er sich vom Text distanziert, fordert er den Rezipienten indirekt zu koproduzierender Aktivität auf. Der Autor überträgt auf die Erzählfigur des "Verfassers" einen Teil jener irritierenden Ironie, die ohnehin den ganzen Roman durchzieht. Beispielsweise läßt er ihn sagen: "Der Verfasser sagt, Das klingt zu poetisch? Dann lassen Sie es einfach weg" (195) oder: "Aha, sagt der Verfasser, wieder so'n Sinnbild" (171) oder: "Der Verfasser sagt, Ich muß mich jetzt ausruhen. Die können ihre Geschichte ohne mich erzählen" (90)[26]. Schädlich überläßt ihm sogar das letzte, keineswegs ironisch gemeinte Wort: "Der Verfasser sagt, So war es" (339). Ohne sich für die Tatsächlichkeit des Berichteten zu verbürgen, werden damit - im Indikativ, will sagen: in der Wirklichkeitsform - "die Realitäten der Möglichkeit" bekräftigt. Rückblickend unterstreicht der "Verfasser" mit diesen drei Worten: Das Buch ist im besten Sinne ein Abenteuerroman; allerdings einer, der nicht unsere vordergründige stoffliche Neugier befriedigt, sondern uns mit einer verstörenden Entdeckung nach der andern konfrontiert.
Unbedingt lohnt es sich (nicht zuletzt zum Zweck sachgerechten 'Einlesens' in das Buch), den einzelnen Leitmotiven genauer nachzugehen. Besonders gilt das für die regelmäßig geschilderten Begegnungen Schotts im Treppenhaus mit Frau Semper[27]. Offenkundig lauert die alte Frau mit der seriellen Zuschreibung: "die in der Wohnung unter der Wohnung von Schott wohnt", ihm auf, um wenigstens für einen kurzen Augenblick ihrer quälenden Einsamkeit zu entrinnen. Schädlich hat die immer wieder in Erscheinung tretende Figur mit dem sprechenden Namen Semper (lateinisch.: semper = immer) ausgestattet und beschreibt sie als "eine kleine, magere, weißhaarige Frau mit gebeugtem Rücken, schiefer Schulter, runzligem Gesicht" (20, 121). Aufgerieben vom Alltagsfrust, führt die greise Dame ein armseliges Rentnerinnendasein auf dem Abstellgleis der Gesellschaft. Einfühlsam, aber auch mit distanznehmender Drastik beschreibt der Autor die Etappen ihres allmählichen Verfalls. Frau Semper kann nicht mehr gut laufen und wird mit der Zeit immer vergeßlicher. So leuchtet ein, warum die zunehmend Demenzkranke die Möglichkeit einer Ansprache förmlich herbeisehnt und Schott beim Verlassen seiner Wohnung abpaßt. In eingesprengten Dialogszenen entfaltet Schädlich, nicht ohne leise Komik, doch immer mit spürbarer Anteilnahme, den Prozeß resignierter Hinnahme einer mehr und mehr zugeschütteten Existenz. Deutlich akzentuiert er die Wegmarken zum Ende hin: "ich friere immer" (214), "ich weiß nicht mehr, was ich soll" (224), "ich weiß nicht mehr, wer ich bin" (319). Folgt man diesem Erzählfaden durch den Roman hindurch, erfährt man viel über die bedrückenden Stationen eines langsamen Verlöschens und über das Unausgedeutete des menschlichen Lebens. Vom weiteren Werkzusammenhang her gesehen, wohnt man hier dem bitteren Vorspiel zu jener makabren Episode im 12. Kapitel von "Anders" bei, in der Schädlich das Lebensende von Awas Mutter in treffenden erzählerischen Schlaglichtern festhält. Für Schott gehört auch diese Erfahrung zu den Belegen eines fehlentwickelten Sozialklimas.

Gleich einleitend warnt der Autor die Leser vor den Teilen des Inhalts, die von 'zarten Gemütern' als Zumutung empfunden werden könnten, wie etwa "Einzelheiten einer Verbrennung [...] oder Einzelheiten des einen oder anderen Geschlechtsaktes" (7). Er legt demzufolge Wert darauf, nichts zu beschönigen. Kraß wiedergegebene Grausamkeiten und sachlich-nüchterne Beschreibungen sexueller Akte oder Wunschvorstellungen werden nicht umgangen, sondern ebenso exakt wiedergegeben wie andere Begebenheiten[28]. Schädlichs Fiktion ist in hohem Grade wirklichkeitsgesättigt. Derlei gehört zu der von ihm vertretenen Position des "Beharrens auf einem Stoff, einem Gegenstand, der der leichten Sagbarkeit widersteht"[29]. Er scheut sich nicht, alles zu sagen, weil es eben leider im menschlichen Alltag so vorkommt. Den auf Schubfächer angewiesenen Leser ("Der Leser sagte, Sind Sie satirisch? Oder psychologisch? Oder realistisch? [...] Spricht ein Ich? Oder ein Er? [...] Ist es ein Abenteuerroman? Oder ein Schelmenroman? Oder ein Bildungsroman? Oder ein Geschichtsroman? Oder ein Zeitroman? Oder ein Kriegsroman? Oder ein Gesellschaftsroman? Oder ein Heimatroman? Oder ein Kriminalroman?", 212) bescheidet er von vornherein mit der Bemerkung: "In jedem Fall ist jeder Satz von Anfang an zweifelhaft. Und zweifelhaft bleibt jeder Satz bis zum Ende" (7). Erzählt wird mithin von einer grundsätzlichen Verunsicherung im Leben, von den menschlichen Irrungen und Wirrungen im Alltag bis hin zum absolut Bösen. Über dem Ganzen liegen, bei aller subversiven Ironie des Textes, vom Ende her unverkennbar die Schatten von Auschwitz und Hiroshima. Denn die am Schluß beschriebene Verbrennung Lius verweist den Leser kraft ihrer Symbolvalenz auf den weiten Horizont der dem Menschen inhärenten Unmenschlichkeiten. Er ist darauf schon vorbereitet durch den "Wolf [...], der den Goldzahn im Mund sucht" (150) sowie die Anweisungen des vom Freund zum Erzfeind mutierenden Schill, der sich zum Ziel setzt: "Hierosolyma est perdita!" und dazu von einem seiner "Truppenführer" gesagt bekommt: "Wir hätten sie mit radioaktiven Geschossen beschießen sollen" (256 f.). Hierdurch erklärt sich die von Schott artikulierte kindliche Urangst: "Ich muß nachts allein wach liegen, sagt Schott. Die Wände, die Decke, der Fußboden müssen sich entfernen. Ich muß winzig werden, ich muß fallen. Jemand müßte ins Zimmer kommen. Jemand müßte sagen, Warum schläfst du nicht" (134). Diese Urangst wird zur Triebfeder einer lebensbestimmenden Unruhe, die ihn schließlich zu dem Entschluß treibt, "zu zweit zu leben" (7). Die so eingeleitete Suche nach Liu löst überhaupt den Erzählvorgang aus, wie dann ihr gewaltsamer Tod ihn mit einem Schlag beendet.

Noch einmal sei die Frage gestellt: Was wird eigentlich erzählt? Es dürfte nunmehr definitiv einleuchten, daß von einer herkömmlichen 'Handlung' nicht die Rede sein kann. Vor dem Leser wird nämlich ein ganzer Kosmos innerer Erlebnisse ausgebreitet. Wahrnehmungen, Erfahrungen, Vorstellungen, Halluzinationen, Phantasmen, Willensbekundungen, Gefühle, Wissen und Reflexionen fließen dabei in der Art eines sorgfältig komponierten Patchwork-Teppichs ineinander zu einer Konstitution des Denkbaren. Das erlaubt es dem Autor, unter unterschiedlichen Aspekten eine Fülle von Themen in seine Gestaltung einzubeziehen. Wo andere Romanciers sich allermeist auf eine einzige Geschichte konzentrieren, erzählt Schädlich deren viele. Zusammengehalten wird die weitläufig organisierte Konstruktion durch die ebenso verzweifelte wie vergebliche Suche Schotts nach Liu. Beide begegnen sich wiederholt, jedoch ohne sich wirklich zu begegnen. Ihre diversen Figurationen bleiben sich fremd. Ihre Dialoge führen zu nichts. Häufig enden sie mit der Bekundung: "Liu sagt(e) nichts" (216, 220) oder "Schott sagte nichts" (220). Das will heißen: Liu bleibt für Schott unerreichbar und unfaßbar. Schott muß sich eingestehen: "Was weiß ich, wer sie ist" (133). Im Grunde bleibt er allein. Will er doch "zu Sternen eilen" (144). Deswegen kann er den Wunsch äußern: "Ich muß nie wieder nicht wissen wollen, was ich will" (136). Um so größer ist die Bandbreite seiner Erfahrungen.

Der an sich unauffällige Mann namens Robert Schott ist "ziemlich niedrig gewachsen" (23), sein "Haar" trotz seines Alters "dunkelbraun und dicht" (8). Der "kurzsichtige Brillenträger" (46) offenbart sich uns als Musikliebhaber und starker Raucher, der auch Frauen und Alkohol keineswegs verschmäht. Er geht "erfinderischer Arbeit" nach und pflegt in der Regel "gegen sechzehn Uhr" (31) außer Haus zu gehen. Freundlicherweise erledigt er für die alte Frau, die einen Stock tiefer wohnt, Besorgungen und macht regelmäßig ein Schwätzchen mit ihr. Der einen Stock höher wohnenden Familie mit Mann, Frau, Kind und Hund begegnet er hingegen mit heftiger Abneigung. Kurz, Schott ist ein Mensch 'wie du und ich'. Die Suche nach Liu macht ihn aber nicht bloß zum Verkehrsteilnehmer im Autostau (13-19), zum Tellerwäscher und Kellner am Flughafen (99 f.), zum Bordsteward einer Linienmaschine (100), die dann abstürzt (101), zum Opfer eines Verkehrsunfalls (202-206), zu einem "zum Tode Verurteilten" (101) oder zum Jäger, der im Park ihm hassenswert erscheinende Hunde abschießt (174-177), sondern - wie im finstersten Märchen - sogar zum Unterwasserspaziergänger (258-271) und Wüstenwanderer, der unter sengender Sonne zum "Schreibleder" (285) schrumpft,. und zuvor schon so unerträglich hämmernde "Trommelschläge" hört, daß er glaubt, einen "Schlaganfall" (143) zu erleiden. Solch paradoxe Ubiquität und diverse (imaginierte) letale Abgänge machen ihn letzten Endes für uns unkenntlich. Andererseits aber spüren wir: Er geht uns unmittelbar an, er sitzt bis zu einem gewissen Grad in uns allen. Tua res agitur. Denn Schott verkörpert, Frauke Lamberts hat darauf in ihrer Dissertation hingewiesen, "die subjektive Erfahrung des Scheiterns hinsichtlich seiner Identitätsgrenzen"[30]. Schädlichs Roman reagiert angemessen auf die Entstrukturierung der Identität in der modernen Gesellschaft, indem er den Bruch der Subjektivität mit der Wirklichkeit unverstellt, das heißt subjektiv vermittelt, ausgestaltet.

Die den Erzählprozeß auslösende verzweifelte Suche Schotts nach Liu ist eigentlich eine Suche nach dem eigenen Ich. Vielsagend reagiert Liu auf seine Ankündigung, zu zweit leben zu wollen, sogleich mit der Entgegnung: "Zu zweit! Willst du mit dir selber leben?" (7)[31]. Sobald das gesuchte Objekt nicht mehr existiert - Liu wird am Ende von "Uniformierten" (338) im Ofen verbrannt - , bricht damit auch seine Suche ab. Schotts Grunderfahrung besteht in dem Wissen, daß die eigene Bewegung im Leben zweifelhaft bleibt, weil es kein "Heilmittel gegen die Angst" (137) gibt. Auslösendes Erlebnis hierfür sind die alptraumhaften Erfahrungen in der Wüste. Obwohl uns der Text hierüber bloß lakonisch mit dem Satz bescheidet: "In Wirklichkeit geschieht gar nichts" (280), gestaltet sich die halluzinatorische Begegnung mit dem "Schillschen Abgrund" (299) zur Erkenntnis der Allmacht von Bestialität und Gewalt in der Welt Im Endeffekt treibt Schott deshalb verständlicherweise der Wunsch um, sich aus dem dergestalt deformierten Leben zu verabschieden. Sarkastisch formuliert er das mit der Wendung, "daß ich vor Freude Selbstmord beginge". Jedoch seine Zweifel an der "Unsterblichkeit der Seele" (335) halten ihn davon ab. Die damit immerhin gewonnene Distanznahme gibt ihm indes freien Spielraum für sein mögliches Weiterleben. Insofern bestätigt sich die Zuschreibung des Klappentextes zum Buch: "Vielleicht gewinnt Schott". Aber das bleibt im Roman offen. Mit der ironischen Bemerkung des "Verfassers" zu Schott: "So leicht kommen Sie aus meinem Text nicht heraus" (335), bekommen wir lediglich gesagt, daß der Roman noch nicht zu Ende ist. Schott hat viel erfahren. Sein Bewußtsein hat sich verändert. Er weiß nun Bescheid über die Abgründe der Unbestimmtheit eines ausschließlich an die Oberfläche gebundenen Lebens. Ihm geht es wie Kafka, der gegenüber dem befreundeten Gustav Janouch einmal das Leben als einen "Sturz" bezeichnete, der vielleicht mit dem Sündenfall zusammenhänge. Kafka folgerte dabei zur Frage nach der "Sünde": "Wir kennen das Wort und die Handhabung, aber das Empfinden und die Erkenntnis sind uns abhanden gekommen"[32]. Allein auf sich selbst verwiesen, sieht sich der Mensch somit der platten Realität des Banalen ungeschützt ausgeliefert. Ihr muß er sich stellen, ohne auf eine Strategie der 'Rettung' zurückgreifen zu können. Darin besteht Schotts unausgesprochene Erkenntnis. Auf dieser Basis kann er seine Lebensgestaltung im Alltag fortsetzen.

Der Schluß des Romans aber gehört dem Tod. Liu, Schotts Spiegelfigur, auf die er ständig fixiert bleibt[33], muß hier eine schreckliche Tortur erleben. Ihre "Jagd auf Schill" (179), den Gewaltmenschen, endet tödlich für sie. Lebend wird sie im Ofen zu Asche verbrannt. Von Anfang an muß ihre diffuse Existenz den Leser befremden, weil Liu weder zeitlich noch räumlich faßbar ist. Sagt sie doch von sich selbst: "Ich bin unsichtbar. [...]. Niemand hört mich. Ich bin zerfallen. Jeder Wind trägt mich in die Luft. [...] Ich fliege. [...] Jedes Wasser spült mich in die Erde" (183). Liu nimmt damit vorweg, was ihr am Ende durch die unmenschliche Verbrennung im Ofen widerfährt[34]. Sie wird zu "Knochenasche" (182). Unwillkürlich denkt man an das Bild Paul Celans, mit dem er im Gedicht "Niedrigwasser" durch die poetische Evokation der vom Vernichtungslager her angeschwemmten Ablagerungen von Aschepartikeln in der Flußmündung die Erinnerung an die Ermordeten und Verbrannten wachruft[35]. Liu erweist sich als Grenzgängerin zwischen Leben und Tod. Ihre dauernde Präsenz im Bewußtsein Schotts löst in ihm zunächst das Bedürfnis aus, die Todesdrohung zu verdrängen. Er stellt die Überlegung an: "Wer oder was könnte helfen, daß ich endlich vergesse, wie das Feuer kommt, schlingt, schwelgt. [ ] wie das Fell verglimmt, wie das Haar verpufft, wie die Haut rot wird, wie die Haut Blasen schlägt, wie die Haut platzt, wie braun Fleisch wird, wie schwarz Fleisch wird" (150). Schott muß jedoch realisieren, daß es kein Vergessen gibt. Die Gewalt des Feuers liegt in den Händen der verbrecherischen Machthaber, von denen Liu sagt: "Wer sich mit ihnen anlegt, den stoßen sie ins Feuer" (182). Insgeheim wird das Feuersymbol zum entscheidenden Leitmotiv[36] des Buches als Zeichen totalitärer Barbarei und "historisch zementierter Inhumanität"[37]. Personifikationen dieser gesellschaftlichen Deformation sind einige der Kontrastfiguren zu Schott, Repräsentanten der Gewalt wie Schill oder des Opportunismus und des Spießertums wie Flieder, Dulla und Zawa oder Knoll. Sie dienen der klaren Funktion, das zu entlarven, was in 'falscher' Realität leider der traurige Fall ist. An ihnen zeigt sich, wie Unterdrückung, Diktatur, Verfolgung und Mord auf der einen Seite, auf der anderen Angst, Verrat, Mitläufertum und Fanatismus die zwischenmenschlichen Beziehungen korrumpieren. Es gehört zur Sprachkunst Schädlichs, für diese Gegenspieler Schotts die jeweils genau angemessene Sprachebene, in diesem Fall den Jargon der Gemeinheit oder der Wissenschaft sowie das banale Gerede, zu finden.

Das Trauma des Feuertodes durchzieht, wie gesagt, den ganzen Roman. Liu wird dadurch in den Stand gesetzt, zu sagen: "Ich bin erwachsen, ich handle, ich setze mich der Gefahr aus, ich verantworte mich. [...] Ich fürchte mich nicht. Das Leben ist sehr elend" (222). Diese Haltung macht Schott sich am Ende ebenfalls zu eigen. Sie befähigt ihn, dem "Sturz" des Lebens wissend zu begegnen. Im Unterschied zu den meisten Mitmenschen kann er von sich sagen: "Ich will keinen Anschein" (213). Für die anderen gilt das, was der Ornithologe Flieder von den Kanarienvögeln sagt: "Wir haben es mit heitern Sklaven zu tun, die das Leben im Käfig dem unbestimmten Ausflug vorziehen. [...] Verirren sie sich durch ein offenes Fenster ins Freie, suchen sie bald den Weg zurück ins elend Geborgene" (325 f.). Deswegen kann sein Freund Mott von Schott sagen: "Du bist einer, der es probieren könnte" (132). In der Tat probiert Schott nun eine Existenz, "in der man bloß zu leben braucht, um das Erstgeburtsrecht auf den Tod zu erwerben" (331). Lamberts spricht in diesem Zusammenhang zutreffend von "Schotts Suche nach seinem Entwurf"[38]. Dahinter steckt ein tief humaner Anspruch gegenüber dem Leben als "Sturz", nämlich der Versuch, im Wissen um den Tod frei zu leben und handelnd dem Anspruch zu genügen: "Ich verantworte mich". Denkt man diesen Roman gesellschaftlicher Zerrissenheit zu Ende, sieht man sich notgedrungen auf sich selbst verwiesen. Denn man muß als Leser aus den vielen Bildern des abgelaufenen Erzähl-'Films' ein Resultat herausfiltern. Es dürfte darin bestehen, daß der "Schott"-Roman eine als geistig-ethische Provokation wirkende Demaskierung von Welt und Gesellschaft beschreibt, die eine Humanisierung unserer Lebenswelt auslösen sollte. Man kann deshalb dem Literaturkritiker Jürgen Serke nur zustimmen, der in einer der ersten Rezensionen des Romans schrieb: "Der exklusive Kreis großer Romanfiguren hat nach langen Jahren des Wartens einen Neuzugang zu melden"[39]. In der Tat kann Schott sich unschwer neben den Romangestalten von Joyce, Kafka, Proust, Dos Passos, Musil, Thomas Mann, Svevo, Pessoa oder Beckett, um nur sie zu nennen, behaupten. Auch wenn die bisherige Rezeption das noch nicht zu bestätigen scheint, wage ich die Behauptung: Mit "Schott" hat Hans Joachim Schädlich eine exemplarische Individualität in die Literaturgeschichte eingeschrieben. Schott könnte das befördern, was wir alle dringend brauchen: - die "Erlösung von Geschichte"[40].

Endnoten

1 Schädlich, Hans Joachim: Über Dreck, Politik und Literatur. Text und Porträt. Berlin 1992 (Sigle DPL), S. 51.
2 DPL, S. 51.
3 DPL, S. 79.
4 DPL, S. 52.
5 DPL, S. 29.
6 Schädlich, Hans Joachim: "Der Roman." In: 'Siegreiche Niederlagen'. .Scheitern: Die Signatur der Moderne ( = Rowohlt Literaturmagazin 30). Hrsg. v. Martin Lüdke und Delf Schmidt. Reinbek bei Hamburg 1992 (Sigle: R), S. 147-153; Zitat: S. 150.
7 Schädlich, Hans Joachim: Schott. Roman. Reinbek bei Hamburg 1992 (Sigle: Sch). Zitate werden jeweils mit Seitenangabe in Klammern direkt im Text nachgewiesen.
8 So Rainer Schönhaar in Metzlers Literaturlexikon. Stichwörter zur Weltliteratur. Hrsg. v. Günther und Irmgard Schweikle. Stuttgart 1984, S. 371.
9 R, S. 151.
10 DPL, S. 56.
11 R, S. 148.
12 R, S. 153.
13 DPL, S. 49.
14 DPL, S. 53 und 52.
15 R, S. 149.
16 Helmut Ulrich hat sie gezählt. Es sind offenbar 243 Abschnitte. S. hierzu: (Ulrich, Helmut: "Das Unbestimmte als Schreibprinzip. Hans Joachim Schädlichs Roman 'Schott'." In: Hans Joachim Schädlich ( = Text + Kritik 125). Hrsg. v. Heinz Ludwig Arnold. München 1995 (Sigle: T+K), S. 47-58; Hinweis: S. 48.
17 DPL, S. 56.
18 Gleich danach folgt in Parallelführung die Beschreibung in der Perspektive Schotts: "Die Art, in der Schott diesen Satz sagt, kann werbend und hoffnungsvoll oder fordernd und anmaßend heißen" (12.).
19 So Helmut Ulrich: T+K, S. 50.
20 Cramer, Sibylle: Schädlichs Autor. Hans Joachim Schädlichs Erzählen vom Erzählen. In: T+K, S. 30-37; Zitat: S. 35.
21 R, S. 152.
22 Goethe, Johann Wolfgang: Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche ( = 'Frankfurter Ausgabe'), Bd. 3.1, Frankfurt/M. 1987 ff., S. 679.
23 R, S. 149.
24 Höhle, Meer und Wüste führen den Leser in unermeßliche Fernen. Aber auch Asynchronie durchbricht die 'Normalität' ("Zwischen uns liegt eine Menge Zeit, sagte Liu"; Sch, S.181).
25 Sch, S. 63-80.
26 Ähnliche Einsprengsel finden sich in großer Zahl. Besonders herausgegriffen seien die folgenden Beispiele: Sch, S. 37, 39, 47, 107, 138, 153, 172, 183 ff., 193 f., 211 f., 218, 235 f., 250 f., 258, 271, 272, 276, 285 f., 287 f., 290, 292, 293, 296 f., 299, 300 f., 304, 308 f., 311, 313, 316, 331, 332, 334 f., 336, 339.
27 Sch, S. 20 f., 25, 29 f., 39 f., 44, 53, 63, 80, 98 f., 105 ff., 117 f., 121 f., 131 f., 140 f., 173, 214, 224 f., 319 f., 331 f., 336.
28 Zum Beispiel: Sch, S. 216, 338 f.; 79, 114-117, 189-191, 211, 264-266, 318 f..
29 DPL, S. 64.
30 Lamberts, Frauke: Die Muse und die Erinnerung. Stilistische und poetologische Analyse von Hans Joachim Schädlichs Roman 'Schott' ( = Studien zur Deutschen und Europäischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. 57). Frankfurt/M. 2005 (Sigle: Lamberts), S. 102.
31 Ohne das von den meisten Rezensenten und Interpreten angeführte Wortspiel 'Liu' mit 'lui' (französisch: 'er') ein weiteres Mal bemühen zu wollen, gilt im Hinblick auf Schott Lius Bemerkung: "Ach Schott, du siehst doch zu jeder Zeit dich" (20). Er selbst verweist ebenso auf die Übereinstimmung mit ihr: "Liu! Ein Wesen völlig wie das meinige, zwei Tropfen Wasser sind sich nicht ähnlicher" (258).
32 Janouch, Gustav: Gespräche mit Kafka. Aufzeichnungen und Erinnerungen. Frankfurt/M. 1961, S.82.
33 Liu, die Gesuchte, ist Schotts Liebe. Es ist aufschlußreich, über den Hinweis nachzudenken, daß in den Vorlaß-Notizen zum Roman ein Zusammenhang mit dem russischen Wort für Liebe (ljubó_) zu finden ist. Vgl. hierzu: Ulrich: T+K, S. 55, Müller (Müller, Wolfgang: 'Ich liefere bloß eine Beschreibung. Machen Sie daraus, was Sie wollen' - Zu Hans Joachim Schädlichs Roman "Schott". Typoskript, S. 19) und ebenso Lamberts, S. 82. Allerdings bleibt Liu ihm auch merkwürdig fremd. Besonders kraß zeigt das die letzte 'Begegnung' beider (331). Jedenfalls sollte man Liu nicht zur "Muse" machen (gegen Lamberts, S. 136-144). Die erinnernde Suche Schotts hat mit musischer Inspiration nichts zu tun. Eher erklärt sie sich als Traum von der Liebe und von einem erfüllten gemeinsamen Leben.
34 Eine vergleichbare Funktion hat die Überlegung Schotts: "vielleicht sagte er nicht, daß in der unteren Stadt eine Frau ermordet worden sei; wahrscheinlich fürchtete er Lius Antwort, wenn morgen ihre Todesnachricht eintreffe, sei sie vielleicht nicht ermordet worden" (103).
35 Vgl. hierzu: Buck, Theo: "Schriftgedächtnis am Beispiel des Gedichts 'Kalk-Krokus'." In: drs.: Auf Atemwegen. Celan-Studien VI. Aachen 2004, S. 133 f.
36 Vgl. hierzu: Sch, S. 172 f., 178, 182, 339.
37 So Ulrich: T+K, S. 47.
38 Lamberts, S. 95.
39 Serke, Jürgen: "Wer die Frau im Feuer sucht." In: Die Welt, Nr. 81/1992 (4.4.1992), S. 21.
40 Menasse, Robert: Phänomenologie der Entgeisterung. Geschichte des verschwindenden Wissens ( = st 2389). Frankfurt/M. 1995, S. 81.