Aus: Die Zeit Nr. 3/2000 ( http://www.archiv.ZEIT.de/daten/pages/200003.walser-selbstg.html)

Über das Selbstgespräch

Ein flagranter Versuch Von Martin Walser

1. Die Gedanken, die einem von selbst durch den Kopf gehen, sind andere Gedanken als die, die man herbefehlen kann. Wenn man sich zwingt, an etwas zu denken, oder wenn man von außen veranlasst, gedrängt wird, an etwas zu denken, dann findet dieses Denken meistens in der Sprache statt, in der das, woran man denken soll, draußen gehandelt wird.

Die Sätze, die mir unwillkürlich durch den Kopf gehen, sind in einer ganz anderen Sprache daheim als die Sätze, die mir von außen empfohlen oder befohlen werden. Ich glaube, dass Schriftsteller, wenn sie schreiben, ganz und gar dieser unwillkürlich in ihnen auftauchenden Sprache hörig sind. Es ist ihre Sprache. Die beherrschen sie nicht, aber wenn sie Glück haben, werden sie von ihr beherrscht.

Als ich einmal in München eine Rede hielt gegen die deutsche Zustimmung zum amerikanischen Vietnamkrieg, sagte eine Zuhörerin in der Diskussion: Herr Walser, in Ihren Reden sind Sie immer so fortschrittlich, aber in Ihren Romanen gar nicht. Ich sagte, dass die Romane mich wahrscheinlich genauer enthielten als die Reden. In mir hat sich seitdem eine Art Misstrauen gegen Meinungen entwickelt. Das heißt nicht, dass ich beim Verfassen von Aufsätzen und Reden ohne Meinungen ausgekommen wäre oder jetzt ohne Meinungen auskäme. Es heißt auch nicht, dass ich andere, etwa Journalisten, Politiker oder Professoren, kritisieren möchte, wenn sie sich hauptsächlich in Meinungen ausdrücken und sich von anderen am liebsten durch Meinungen unterscheiden. Das heißt nur: Ich habe als Schreibender die Erfahrung gemacht, dass ich in meinen Meinungen weniger enthalten bin als in meinen Romanen.

Natürlich kommen Romanfiguren nicht ohne Meinungen aus. Aber aus allen Meinungen aller Figuren eines Romans ergibt sich nicht die Meinung des Autors. Ein Roman darf schlechterdings nicht auf eine Meinung hinauslaufen. Das weiß jeder Romanautor, ohne dass er wissen muss, dass er es weiß. Selbst ein Theaterstück darf nicht auf eine Meinung hinauslaufen. Und - möchte ich heute wünschen - eine Rede und ein Aufsatz eben auch nicht.

Ich habe nichts zu vertreten. Ich muss niemanden aufklären als mich selbst. Aufklärung und aufklärerisch: Das sind zwei Wörter, die am häufigsten dafür herhalten müssen, intellektuelle Sprachen als die richtigen zu charakterisieren. Der Intellektuelle, der ohne jeden Zweifel weiß, dass sein Schreiben aufklärerisch ist, beweist das am häufigsten dadurch, dass er einem anderen Intellektuellen nachweist, dass der antiaufklärerisch schreibt. Darf es einen nicht wundern, dass jetzt Aufklärung immer an andere adressiert ist? Das hat sich so eingebürgert: sich im Dienst der Aufklärung zu sehen heißt, anderen etwas sagen, was die wissen beziehungsweise beherzigen sollten.

Ursprünglich war Aufklärung nicht der Vorwurf, andere seien zu wenig aufklärerisch. Bei Kant heißt der berühmte Satz ja: "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit." Und: "Zu dieser Aufklärung aber wird nichts erfordert als Freiheit ..." Ich sehe darin eher eine Selbsterforschung als eine Belehrung anderer. Deshalb wundert es mich, dass man diese ehrwürdigen Wörter aus ihrer Funktion, in der sie Befreiungspotenzen ausdrückten, herauslöst und sie als Gütesiegel für die eigene Äußerungsart verwendet.

Kant nennt es ein Ziel der Aufklärung, dass die Menschen schon imstande wären, "... in Religionsdingen sich ihres eigenen Verstandes ohne Leitung eines andern sicher und gut zu bedienen". Und ein Fürst kann als aufgeklärt gelten, sagt Kant, wenn er jedem freistellt, "sich in allem, was Gewissensangelegenheit ist, seiner eigenen Vernunft zu bedienen". Das war einmal Aufklärung - man kann sich das gar nicht oft genug vorsagen -: den anderen "in allem, was Gewissensangelegenheit ist, seiner eigenen Vernunft" zu überlassen. Inzwischen haben Linksintellektuelle die Aufklärung für ihre jeweiligen aktuellen Zeitgeistbesorgungen gepachtet. Der Rest ist antiaufklärerisch.

Im Jahr 1972 habe ich formuliert: "Der Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit ist so ungelöst wie zuvor." Ohne dass ich es damals ausgesprochen habe, fühlte ich mich zweifellos im Dienste der Aufklärung. Heute könnte ich diesen Satz nicht mehr sagen. Ich wäre in ihm nicht mehr enthalten. Ich glaube, ich war auch damals nicht enthalten in solchen Sätzen. Heute hoffe ich, dass diese Art, Kapital und Arbeit einander entgegenzusetzen, von Anfang an zu abstrakt war. Vielleicht war das im 19. Jahrhundert noch sinnvoller als in der zweiten Hälfte des 20. Und alles, was ich in dieser Richtung denken kann, berechtigt mich nur zu Vielleicht-Sätzen, nicht aber zu irgendeinem Generalverdacht. Ich müsste heute von mir verlangen, jede ins Politische zielende Aussage als Handelnder auch praktizieren zu können. Einen Generalverdacht gegen die Chefetagen des Kapitalismus könnte ich aussprechen, wenn ich wüßte, wie man den Verdacht zur Gewissheit machen und wie man dann die Gewissheit in günstigere, sozialere wirtschaftliche Realität umsetzen könnte. In einer bloßen Meinung mir gut vorzukommen würde mir heute nicht mehr genügen.

Ich weiß noch, warum ich damals antikapitalistisch formulierte. Ich habe mich - und zwar aus schlechtem Gewissen - als "Arbeiter in der Meinungsproduktion" gesehen. Vermittelt wurde dieser Anspruch oder diese Anbiederung durch die Erfahrung der Abhängigkeit. Dass der Intellektuelle kein "freier" Schriftsteller ist beziehungsweise dass der freie Schriftsteller ein Abhängiger ist - vom Markt, vom Verleger, von der öffentlichen Meinung -, das könnte ich immer noch sagen. 1972 habe ich gesagt, weil wir Abhängige sind, "haben wir die Aufgabe, andauernd das demokratische Manko auszurufen". "Das Manko ist immer noch groß und grundsätzlich", habe ich gesagt. "Mit dieser oder jener kleinen kosmetisch-pragmatischen Operation ist es nicht getan." Habe ich gesagt. "Sozialismus und Demokratie sind zwei Wörter" für einen "denkbaren Heimatzustand". Habe ich gesagt. Und geredet gegen "Immobilitätsmythen" und "Verzweiflungseifer" und für "die Machbarkeit der menschlichen Geschichte".

Man könnte alles, was da einer, was damals viele gesagt haben, auf ein einziges Wort beziehen: Gerechtigkeit. Mehr Gerechtigkeit. Am Werktag. Und die wichtigste Bedingung der werktäglichen Ungerechtigkeit war und ist nach meiner Erfahrung die Abhängigkeit. Abhängigkeit deformiert.

Wenn ich, ohne es beabsichtigt zu haben, Zeuge werde, wie ich einen Roman schreibe, der die Deformation durch Abhängigkeit erzählt, dann merke ich, dass dieses unwillkürliche Schreiben mich mehr enthält, als wenn ich in mir Meinungen mobilisiere gegen den Kapitalismus als Ursache für deformierende Abhängigkeit. Und ins Unbeweisbare kann ich hoffen, dieses mich mehr enthaltende Schreiben teile anderen mehr mit als jede mögliche Meinung.

Jene Frau in München hatte wohl Recht: in Reden fortschrittlich, im Roman nicht. Der Roman entsteht unwillkürlich. Er kündigt sich an als eine zunehmende Notwendigkeit, auf eine Erfahrung zu antworten. Auf eine leidvolle Erfahrung meistens. Auf einen Mangel eben. Aber dieser Mangel war nie der ungelöste Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit, sondern ein Daseinsmangel. Dieser Mangel hat auch gesellschaftliche Ursachen; aber wenn man im Roman darauf antwortet und sich dabei unwillkürlich der Sprache anvertraut, dann heißt das, man glaube, was Erfahrungen in einem angerichtet haben, komme heraus, wenn man nichts wolle als schreiben.

Einen Roman schreiben, zum Beispiel. Das heißt: Man drückt sich nicht unmittelbar aus, sondern in Figuren. Gesellschaftlich sinnvoll wird der Roman erst durch den Leser. An den man beim Schreiben nicht denken muss. Nicht denken kann. Man hat mit der Sprache zu tun. Die ist unser mögliches Gemeinsames. Der Leser kann mit einem Buch nur etwas anfangen, wenn er Erfahrungen gemacht hat, die der Autor auch gemacht und mit dem Buch beantwortet hat. So kann Bewusstsein entstehen. Vielleicht sogar Sinn. Nur eben, dieser Sinn ist nicht absichtsvoll produzierbar, er kann sich nur von selbst ergeben: im Leser, durch den Leser. Er ist vielleicht mehr Produkt des Lesers als des Autors.

Das ungekürzte Zitat, besagend, dass Bücher Schicksale haben, lautet: Procaptu lectoris habent sua fata libelli. Der Gelehrte Manfred Fuhrmann übersetzt: "Je nach Fassungsvermögen des Lesers haben die Bücher ihr Schicksal." Die antike Lyrik sei, weiß ich auch von Manfred Fuhrmann, der Richard Heinze zitiert, "Ansprache an eine als gegenwärtig zu denkende Person".

Davon ist uns, zumindest mir, nur noch die Sprache geblieben. Das Element möglicher Gemeinsamkeit. Aber auch als Element für Trennungen. Innensprachen, Außensprachen, angenommene, imitierte Sprachen. Von heute aus gesehen, habe ich damals aus schlechtem Gewissen an einer Sprache teilgenommen, in der ich nichts zu melden hatte als einen Wunsch nach mehr Gerechtigkeit. Diesen Wunsch habe ich noch immer, aber ich kann mich nicht mehr durch fortschrittlich genannten Wortgebrauch, also durch linke Meinung gerechtfertigt fühlen.

Wenn ich einen Roman schreibe über die Anwesenheit der Vergangenheit in der Gegenwart, dann enthält mich der Roman umso mehr, je weniger ich mich beim Schreiben den aufdringlich präsenten Meinungserwartungen des Zeitgeists füge. Romane, die nur das Meinungssoll des Zeitgeists erfüllen, müssen vielleicht gar nicht geschrieben werden. Nicht einmal, wenn sie dieses Meinungssoll bestreiten. Sie sind eigentlich nicht erzählend, sondern illustrativ.

Ich kann mich, wenn überhaupt an etwas, dann nur an der Ausrufung von Mängeln beteiligen, an deren Behebung ich mitarbeiten könnte. Das geht inzwischen bis zur Kriegsführung. Ich kann nur einen Krieg befürworten, den ich als Handelnder auch selbst führen würde. Als Kommandierender oder als Ausführender. Wer sagt, es soll geschossen werden, der muss auch auf den Knopf drücken können, der die Bombe löst. Aber ich kann keinem Intellektuellen übelnehmen, wenn er Bombardieren für nötig hält und in tief schürfenden Aufsätzen erstens die Notwendigkeit des Bombardierens und zweitens den historischen Sinn dieser Art Kriegsführung beweist. Ich muss sogar in Kauf nehmen, dass meine Unfähigkeit, eine kriegsfreundliche Meinung beizusteuern, herb kritisiert wird.

Der Weltgeist tritt eben doch zuerst als Zeitgeist auf. Und da heißt er dann ... Nein, Namen vermeide ich. Wenn möglich sogar mir selbst gegenüber. "... die Alten pflegten, auch wenn sie einen ganz bestimmten Autor meinten, ihn nicht mit Namen einzuführen, sondern in einer allgemeinen Andeutung auf ihn hinzuweisen ...": Hanspeter Müller, in seinen Anmerkungen zu Augustinus' Selbstgesprächen. Und hatten doch Recht, die Alten, weil man ja die Sache meint, nicht den Namen. Der Ross-und-Reiter-Quatsch ist Tribunaljournalismus. Und die Sache heißt: In welcher Sprache bin ich am meisten enthalten? Ich hätte auch die Träume nehmen können, die enthalten uns auch. Aber die Träume verlieren, wenn man mit ihnen betrachtend umgeht, noch mehr als das Selbstgespräch.

Jeder Schriftsteller weiß am besten, bis zu welchem Grad er jeweils in seiner Sprache enthalten ist. In einer Sprache, die die Chefetagen des Kapitalismus unter jeden Verdacht stellt oder das Bombardieren empfiehlt, wäre ich nicht mehr enthalten, weil ich aus Erfahrung weiß, dass ich nach einer solchen Verdachtserklärung oder Kriegsempfehlung wieder zum Roman zurückkehre, und in der Sprache des Romans, die mich doch viel mehr enthält, käme jener Verdacht und jenes Bombardieren überhaupt nicht vor. Also muss ich misstrauisch sein gegen meine adressierte Sprache. Sie wird zu einer Auftrittssprache. Das Gegenteil der Auftrittssprache ist das Selbstgespräch. Hoffe ich.

2. Je deutlicher mir ist, dass das, was in mir abläuft, kein Mensch von mir erfahren wird, desto mehr ist das, was da abläuft, ein Selbstgespräch. Auch dann, wenn sich diese Innensprache an den und jenen oder gegen den und jenen wendet. Im reinen Selbstgespräch muss ich nicht Recht haben, muss ich nichts beweisen, muss ich mich nicht um Unmissverständlichkeit bemühen. Ideal wäre: vor anderen zu sprechen wie mit sich selbst. Das wird nie der Fall sein. Träumen könnte man davon: vor anderen zu sprechen, aber nicht zu ihnen. Den Adressierton vermeiden.

Logisch lässt es sich ohnehin nicht begründen, dass einer vor anderen reden will, ohne dass er sich an sie wenden will. Aber mir schwebt vor, wenigstens einmal den Unterschied zwischen den beiden Sprachen, zwischen der Sprache des Selbstgesprächs und der adressierten Sprache, zu verkleinern.

Jeder kennt, hoffe ich, diesen Unterschied. Das Selbstgespräch ist die freiere Rede als die adressierte. Im Selbstgespräch kommt man nicht zu einer Meinung und verteidigt sie dann gegen andere Meinungen, und das über Gebühr. In der adressierten Sprache kommt oft ganz schnell eine kritische Meinung in mir zur Herrschaft. Ich muss alles mobilisieren, was dieser kritischen Meinung hilft, alles unterdrücken, was diese Meinung schwächen könnte. In der adressierten Sprache reduziere ich mich auf Sätze, die klingen, als könne man Recht haben. Je mehr die Sätze nach Rechthaben klingen, desto weiter sind sie von der Sprache entfernt, der ich mich im Selbstgespräch überlasse.

Um es in zwei historischen Sprachzuständen anzudeuten: "Gehet hin und lehret alle Völker ..." Das ist ein Standardsatz der adressierten Sprache. Das Gegenteil: "Hast du zur Nacht gebetet, Desdemona?" Das ist das, was mich angeht: ob Desdemona zur Nacht gebetet hat oder nicht. Und das Lächerliche an der Othello-Tragödie, dass nämlich Desdemona gar nichts hatte mit dem anderen. Das interessiert mich nicht. Das interessiert nur draußen in der Sprache der Sittlichkeit, des Rechthabens, des Staatengründens und Staatenzerstörens. Was Jago sagt, ist wahr, und wenn es hundertmal bösartig erlogen ist. Othellos Leid macht die Lüge wahr. Und Desdemonas Tod besiegelt diese Wahrheit. Othellos Selbstgespräch ist das des hoffnungslos Liebenden. Was davon nach außen dringt, produziert einen Jago und die dazugehörende Intrige. Die Intrige ist Theater im simpelsten Sinn. Melodram.

Natürlich schiebt mein Selbstgespräch, wenn es wieder beim universalistischen Standardsatz "Gehet hin und lehret ..." angekommen ist, mir zuerst den Gegensatz zu: "Ich weiß, dass ich nichts weiß." Dieser Satz ist mir aber schon in der Annäherung zu sehr gemünzt vorgekommen. Nach außen adressiert. Während mir der Othello-Satz vorkommt wie eine Stimme von innen. Aus meinem Inneren. Ausdruck statt Einsicht. Existenz statt Erkenntnis. Wesen statt Wissen.

Ich bin nicht sicher, ob man auch sagen könnte: Leiden statt Handeln. Wenn es um Politisches geht, schon. Die Grausamkeiten des Kosovokrieges erleiden, ohne sich durch irgendeine Meinung auf der richtigen Seite zu befinden. Und wenn es um die deutsche Vergangenheit geht, nicht viel anders. Keine Chance, sich durch gute Sätze zum besseren Menschen zu machen, sprachlich den Opfern zu dienen dadurch, dass man den Deutschen, die das aus Schuld und Scham oder gar aus moralischer Erschöpftheit nicht mehr oder noch nicht können, wohlfeile Vorwürfe macht. Ganz und gar wohlfeil sind diese Vorwürfe. Immer an andere. Nie an sich selbst. Eben adressierte Sprache. Und das sage ich in einer nichts als adressierten Sprache. Dominiert vom Gestus des Rechthabenwollens.

Mein Selbstgespräch läuft anders. Es hört an keinem Punkt der Zustimmung oder Ablehnung auf. Es durchläuft alles Erdenkliche. Läuft tief ins Unmoralische, Amoralische und dadurch auch nicht Haltbare hinein. Und zwar bei jedem Thema und Sachverhalt. Und es kann lang im Unstatthaften, nicht mehr zu Billigenden herumirren und tasten, bis es wieder Punkte erreicht, die öffentlichkeitsfähig sein könnten.

Sozialisation nennt man die Erziehung der Menschen zu umgänglichen Wesen. Im Selbstgespräch erleben wir die Grenzen unserer Sozialisation und die Mankos. Sozialisation heißt, wir sollen geistig-seelisch stubenrein werden. Wir sollen nur noch denken, was wir auch aussprechen können.

Die Sprachen, in denen wir uns anderen zuwenden, sind im Dienst von Absichten, Zwecken, Zielen. Angewandte Sprachen. Es können sehr edle und sehr verruchte Sprachen sein. Ob edel oder verrucht, gemeinsam haben sie die Zielgerichtetheit. Die Zuwendungshaltung. Die Positivität. Wenn ich mich dieser Sprachen bediene, erfahre ich, wie ich es meine, was ich will. Und ich hoffe dann, ich sei nicht bloß das, was ich meine, und nicht bloß das, was ich will. So gerechtfertigt, wie ich mich da produziere, will ich nur scheinen, nicht sein. Im Selbstgespräch ist man auch im Schlimmsten der Komplize seiner selbst. Das heißt, man kann ruhig gegen sich sein, man weiß ja, dass man für sich ist. Sieht man krassen Anlass zur Selbstverurteilung, ist man für den, der sich selbst krass verurteilt.

Ich habe eine Rede in der Paulskirche gehalten, die eine Zeit lang öffentlich diskutiert wurde. Am meisten beschäftigt haben mich die, die schrieben, ich hätte, was ich gesagt habe, nicht in der Paulskirche sagen dürfen. Von mir sei die Paulskirche mit der Couch verwechselt worden, stand da zu lesen. Gemeint war offenbar die Couch des Psychoanalytikers. Nach dem, was ich da gesagt hatte, hieß es auch, gehörte ich überhaupt auf die Couch. Ein anderer: Das kann er ja privat denken, aber nicht öffentlich sagen.

Es waren bedeutende Intellektuelle, die so reagierten. Die Paulskirche, einer der öffentlichsten Orte überhaupt, da sollte man nicht sagen, was man privat denken oder auf der Psycho-Couch sagen kann. Dieser Meinung bin ich auch. Aber was meinen Kritikern privat und couchhaft vorkommt, ist für mich meine persönliche Sprache. Ich weiß, dass ich meine Sprache nicht so adressiere, wie das bei solchen Reden der Brauch ist, wie es sich al- so gehört. Ich weiß auch, dass Politiker und Pfarrer ihre Reden streng adressieren. Sie kalkulieren die Wirkung. Sie wollen im Zuhörer etwas bewirken.

Mir ist diese Haltung fremd. Ich weiß aus schriftstellerischer Erfahrung, dass jeder Leser seinen Roman liest, wenn er einen Roman von mir liest. Ich glaube, jeder, der einer Rede zuhört, versteht sie auf seine Weise. Ich will ihn nicht dazu überreden, die Rede so zu verstehen, wie ich sie meine. Das ist die Freiheit zwischen Menschen, die die Sprache nicht dazu benutzen, einander Rezepte zuzurufen. Wie einer meine Rede oder meinen Roman versteht, das hat er zu verantworten, nicht ich. Mir wurde empfohlen, diese oder jene Reaktion ein Missverständnis zu nennen. Das habe ich ablehnen müssen. Jeder hat die Freiheit zu verstehen, wie er muss. Ich habe ihm keine Art des Verstehens vorzuschreiben. Ich muss auch mit seiner Art, mich zu verstehen, nicht einverstanden sein. Jede Art von Verständnis ist ein Beitrag zum Ganzen.

Der Politiker spricht um einer bestimmten Wirkung willen. Muss der Schriftsteller sich diesem Sprachgebrauch fügen? Dann muss er sich verstellen, muss den Politiker spielen, der er doch nicht ist. Vom Politiker darf erwartet werden, dass er dann handle, wie er gesprochen hat. Ich dagegen habe die Hoffnung, der Schriftsteller könne redend handeln. Das kann er aber nur, wenn er in seiner Sprache bleibt. Er kann versuchen, sich als Zeitgenossen auf eine Weise zur Sprache zu bringen, wie Zeitgenossenschaft in keiner der gängigen adressierten Sprachen öffentlich wird.

Es darf einen Schriftsteller wundern, dass ihm von anderen Schriftstellern gesagt wird, so wie er gesprochen hat, hätte er privat denken, aber nicht öffentlich reden dürfen. Ich halte es für die einzige Chance des Schriftstellers, zu einem öffentlichen Diskurs etwas beizusteuern, was nichts als persönlich ist.

Mir kommt es allerdings so vor, als sei es eines Intellektuellen nicht würdig, persönlich mit privat zu verwechseln. Privat ist etwas, was Diskretion verdient. Persönlich ist mein Anteil am Ganzen, also hier: meine Sprache. Nichts ist weniger privat als meine Sprache. Mein persönlicher Anteil an meiner Sprache entspricht meiner Erfahrung. Aber ich will nicht so tun, als wüsste ich gar nicht, was die Vorhaltungen sagen wollten. Es ging um den Umgang mit der deutschen Vergangenheit. Ich wollte öffentlich sprechen über das, was in mir vorgeht, wenn ich mit dieser Vergangenheit zu tun habe. Öffentlich sprechen vor anderen, aber nicht zu anderen. Also eben nicht im öffentlich eingeführten Sprachgebrauch, der praktiziert wird, wann immer dieses Thema dran ist, sondern in einem unabgesegneten, sozusagen ungetauften Sprachgebrauch.

Das ist eine Sprachhaltung, die von der des Romanschreibers nicht ganz verschieden ist; ihr auf jeden Fall näher als der instrumenthaft verwendeten Sprache der Politiker, der Pfar- rer, der Lehrer, der Journalisten. Es ist der Unterschied zwischen der adressierten Sprache und der unwillkürlichen Sprache. Mir kommt es vor, was die unwillkürliche Sprache ausdrückt, könne den und jenen mehr an seine eigene Erfahrung erinnern, als wenn er sich nur als Ziel einer adressierten Sprache erlebt. Ich hoffe, wenn es gelingt, Wichtiges in einer unwillkürlichen Sprache zu sagen, könne der Zuhörer eine Art Freiheit erleben. Freiheit gegenüber jeder Form des herrschenden Sprachgebrauchs. Er muss, ja, er kann von mir nichts positiv übernehmen, er muss mir schon gar nichts glauben, aber er könnte, wenn er Zeu- ge meines unwillkürlichen Sprachgebrauchs wird, teilnehmen am Risiko eines nicht im- mer schon abgesicherten Sprachgebrauchs. Er könnte sich durch die Unsicherheit oder gar Ängstlichkeit oder durch die Stimmungsabhängigkeit des Sprachgebrauchs erinnert fühlen an seine eigene Schwierigkeit, für so etwas Wichtiges eine Sprache zu finden. So könnte eine Lebendigkeit der Auseinandersetzung entstehen, die durch Bundespräsidenten und Professoren und ihre enorme Unmissverständlichkeit nicht entstehen kann.

Ich gebe zu, ich gehe, wenn ich so spreche, von einem Vertrauen in die Sprache, die unwillkürliche, aus, das ich nicht in jedem voraussetzen kann. Dass so gut wie jede Art Schriftstellerei von diesem Vertrauen lebt, glaube ich schon. Mein jüngerer Kollege Karl-Heinz Ott hat neulich gesagt: "Noch im trockensten Traktat lebt eine Musik." Ich sage: Wir suchen nach der Sprache, in der wir am meisten enthalten sind. Dann könnten wir eine Karatbestimmung vorschlagen: Der Karatgehalt einer Rede, einer Sprache bestimmt sich danach, wie sehr oder wie wenig der Redner oder Schreiber in seiner Sprache enthalten ist. Danach wäre sicher jeder im Selbstgespräch am meisten enthalten.

Das Selbstgespräch ist ja schon längst ein literarisches Genre. Da lässt sich studieren, was die unwillkürliche und dann auch willkürliche Adressiertheit übrig lässt von der Innerlichkeit des wirklichen, des reinen Selbstgesprächs.

Ziemlich am Anfang der europäischen Selbstgesprächstradition stehen, erfahre ich von meinem Latinisten Fuhrmann, die Selbstgespräche des Augustinus: die Soliloquia des jungen Stadtrhetors in Mailand. Sie zeigen schon beides: das Selbstgespräch an sich und das Selbstgespräch für andere. Das Selbstgespräch ist ein Dialog zwischen "A" und "R": Augustinus und Ratio. Das ist zwar ein adressierter Dialog, denn die das Gespräch führende Ratio ist energisch zielgerichtet; aber Augustinus' Selbst ist doch auch noch ein richtiges Selbst. Dieses Selbst präsentiert sich uns gleich zur Eröffnung durch ein viele Seiten langes Gebet.

Adressiert an Gott. Und das ist eine Adresse, die das Selbst nicht mit Konventionen zuschmiert, sondern - zumindest wenn der Sprechende Augustinus heißt - die das Selbst öffnet, aufreißt, provoziert: "... ich kenne nichts so, wie ich Gott zu kennen wünsche", sagt dieses Selbst. "Jetzt aber liebe ich nichts anderes als Gott und die Seele, und von beiden weiß ich nichts."

Das wirkt wie ein innerer, vielleicht sogar wie ein innerster Zustand. Augustinus würde gern glauben, aber alles, was dazu nötig ist, muss Gott ihm zuerst geben; gibt Gott ihm das, was ihn zum Glauben an Gott befähigt, dann kann er an Gott glauben. "... wenn ich dich suche, möge mir nicht etwas anderes an deiner Stel- le begegnen." Im Gegensatz zu der mit allen philosophischen Finessen seiner Zeit ausgestatteten Ratio ist Augustinus selbst die reine Innerlichkeit, die bloße Unsicherheit, eine vehemente Armut und Bedürftigkeit. So führt sich ein Selbst auf. Allerdings eines, das sich einer hoch trainierten Ratio stellt.

3. Damit ich praktisch werde, zwei Beispiele für meine Art Selbstgespräch. Erstes Selbstgespräch: Unsere Entwicklung hat dazu geführt, dass wir das, was wir denken, nicht immer gleich sagen oder gar schreiben müssen. Vielleicht ist durch dieses Verschweigenkönnen der Glaube entstanden, wir hätten einen freien Willen. Wir tun ja auch nicht immer gleich das, was wir tun möchten. Oder wir tun es überhaupt nicht. Aber ist der verneinte Wille schon ein freier? Die Fähigkeit, etwas anderes sagen zu können, als wir denken, haben wir mit einer Ahndung belegt. Was Lüge ist in uns und was Wahrheit, könnten wir auch ausdrücken durch den Unterschied von Gesagtem und Gedachtem oder von Sagbarem und Unsäglichem. Wir sind absolut vielsprachig geworden. Wir müssten endlich zur Konvention erheben, dass das, was wir sagen, nicht das sein muss, was wir denken. Was wir sagen, ist das, was wir sagen wollen. Das ist doch auch schon etwas.

Was die im Dienste jeder Art von Obrigkeit stehende Moral Lüge nennt, stammt doch auch ganz und gar aus uns. Entspringt unserem momentanen Willen. Wir möchten jetzt so erscheinen, wie wir es jetzt gerade ausdrücken, auch wenn es nicht das ist, was wir gerade denken oder sind. Vielleicht wäre es uns sogar recht, wenn wir so wären, wie wir uns gerade geben. Vielleicht geben wir uns besser, als wir sind. Auf jeden Fall: Ohne die Fähigkeit, anders zu scheinen, als wir sind, wären wir arm dran.

Zum Glück können wir etwas sagen, was wir nicht denken. Die moralische Grammatik läuft doch leer. Caesar non est supra grammaticos, hieß es einmal, als die Menschen ihre Sprache vor Einschüchterung schützen mussten. Unsere Sprachen sind verlässlicher als wir selbst. Um etwas zu sagen, müssen wir es ja auch denken. Wir sind vielleicht nicht so, wie wir sagen, dass wir seien. Aber wer will, kann, wenn er es genau nimmt, feststellen, wo der Schein, den wir zu produzieren imstande sind, in Sein übergeht!

Verlässlichkeit müsste neu bestimmt werden. Man muss sich auf unsere Unwahrhei- ten verlassen können. Sollten die freundlicher ausfallen als unsere Wahrheiten, dann ist es doch gut, dass man sich auf sie verlassen kann. Wir müssen zu unseren Unwahrheiten stehen. Unseren Lügen die Treue halten. Allerdings nur bis zur nächsten Notwendigkeit, sie durch eine noch günstigere Unwahrheit zu ersetzen. Es darf einen auch hier trösten, dass die Verneinungskraft der einen Silbe das Hauptwort nicht außer Kraft setzt: Un-wahrheit. Das spürt man doch, dass das auch eine Art Wahrheit ist. Es heißt doch auch: Menge und Unmenge, also: Wahrheit und Unwahrheit. Das schickt sich.

Zweites Selbstgespräch: Wenn ich genauso oft verletzt habe, wie ich verletzt worden bin, ist alles in Ordnung. Dann ist dies ein Kosmos der reinen Gerechtigkeitsharmonie. Wenn ich genauso oft verletzt habe, wie ich verletzt worden bin, muss ich ein ziemlich grauenhafter Mensch sein. Oder die Welt wäre ein bösartig verfasstes Irrenhaus. Da das nicht angenommen werden darf, habe ich also so oft verletzt, wie ich verletzt worden bin. Alles in Ordnung. Mir ist oder wäre Recht geschehen.

Natürlich möchte ich behaupten, ich sei einmal mehr verletzt worden, als ich verletzt habe. Und daraus ergäbe sich ein Weltgesetz: Jeder ist einmal mehr verletzt worden, als er verletzt hat. Jeder hat einmal weniger verletzt, als er verletzt worden ist. Die Welt ist auf Misshandlung gegründet. Allem, was lebt, fließt durch die Adern diese Verletzungslust. Und je größer die Verletzungslust, desto größer das Ansehen und die Macht. Und je größer die Macht und das Ansehen, umso größer die Verletzungslust. Zurückgenommen sei der Versuch, über Mengenvergleiche zu einer Aussage zu kommen, die mir gestattet, mich zu beklagen. Wer einmal verletzt hat, hat sich über nichts mehr zu beklagen.

Das klingt arg rigoros beziehungsweise edel, aber es könnte trotzdem stimmen. Wer einmal verletzt hat, muss Verletzung überhaupt hinnehmen. Verletzung schon, aber Verletzende nicht. Die Damen und Herren, die sich erst als Verletzende so richtig fühlen, bleiben ein weltgesetztreues Gesindel, zu dem man als Verletzender natürlich auch gehört. Die so anklingende Selbstbezichtigung glaube ich mir natürlich nicht. Ich könnte nicht leben, wenn ich denken müsste, ich habe einmal mehr verletzt, als ich verletzt worden bin. Ich hoffe, die meisten leben von der Hoffnung, dass sich die Welt eines Tages bei ihnen entschuldige. Die, die diese Hoffnung nicht kennen oder nicht brauchen, das sind die Dienst tuenden Verletzer. Egal, ob ich jetzt zu denen gehöre oder nicht, aber solange es die gibt - das weiß ich sicher -, gibt es Kriege.

4. Die Schaffnerin beugt sich zu den Reisenden hinab, bietet jederlei Dienst und Hilfe an, und man sieht, dass sie die Leute, denen sie dienen will, nicht wahrnimmt. Sie ist offenbar durch und durch darauf eingestellt, hilfreich zu sein, zu dienen. Ihr Dienen ist kein bisschen routiniert oder achtlos oder uninteressiert. Obwohl sie keinen aus ihrer Klientel persönlich meint, strahlt ihr Gesicht vor Freundlichkeit und Wärme. Sie ist ein Genie der Zuwendung. Aber da es überdeutlich ist, dass ihre Zuwendung niemanden persönlich meint, sondern eine Zuwendung schlechthin ist, ist es also Zuwendung an sich. Dem Wortlaut nach paradox. In Wirklichkeit sehr praktisch, sehr genießbar und sogar sehr schön. Sehr schön anzusehen. Sie souffliert mir: Es gibt Zuwendung als monologische Zuwendung, als Selbstgespräch. Sie weiß, was sie tut, sie spürt wahrscheinlich die Dankbarkeit ihrer Klientel. Aber sie lässt sich dadurch nicht drausbringen und ins Persönliche verstricken. Ob sie es weiß oder nicht: Wenn sie ihre Leute so anschaute, dass sie deren Schweiß und Schicksal mitbekäme, wäre es um ihre Nützlichkeitsschönheit geschehen.

5. Und überlasse mich zum Schluss noch einmal dem Gestus des Selbstgesprächs. Da wird mir, weiß Gott, von wem, souffliert: Wenn man etwas zu sagen hat, muss man keinem anderen widersprechen. Wenn man sagt, was man zu sagen hat, erlebt man seine eigenen Grenzen. Man muss nicht Recht haben. Rechthaben - das richtet sich schon gegen einen anderen. Es besser wissen als ein anderer. Solange man diesem Gestus verfällt, weicht man der eigenen Aufgabe, der eigenen Möglichkeit aus: zu sagen, was man zu sagen hat. Ich habe mein Leben als Schriftsteller auch im Reizklima des Rechthabenmüssens verbracht. Das hat Folgen.

Warum sind Gedichte das schönste Sprachliche, das wir kennen? Weil das Gedicht nicht Recht haben will. Warum sind Politikerreden das sprachlich Matteste, das wir kennen? Weil der Politiker geradezu darauf angewiesen ist, Recht zu haben beziehungsweise den Eindruck zu erwecken, er habe Recht. Jeder am Meinungsleben Teilnehmende kennt diesen Zwang. Die am meisten verhindernde Art des Rechthabens ist die moralische. Den Eindruck erwecken müssen, man sei der bessere Mensch.

Man kann ja fast alles, was einem einfällt, verteidigen. Wenn es sein muss. Wenn man will. Aber schöner ist es, einem Erreichten sein Gegenteil ins Gesicht zu sagen oder etwas ganz anderes, in diesem Moment gar nicht Vermutbares. Je unwahrscheinlicher, desto genießbarer. Hast du zur Nacht gebetet, Desdemona? Einer existenziellen Gravitation folgen. Aber aufpassen, dass nicht aus Versehen gleich wieder eine Flagge gehisst wird. Du stimmst mit dir selbst so wenig überein, dass du überhaupt nur von Leuten wahrgenommen werden kannst, die auch nicht mit sich selbst übereinstimmen. Für alle Aufrechten, alle Mutigen, alle Aufklärerischen, alle Klugen, alle Kritischen, alle Ernsthaften, alle Guten kommst du, wenn du halbwegs in deiner Sprache enthalten bist, nicht infrage.

Wenn ich etwas stiften möchte, dann wär's das Glück der Selbstwiderlegung. Öffentlich. Im Parlament. In der Zeitung. Es sollte Brauch sein, es sollte Kultur genannt werden, dass jemand, der etwas behauptet, das, was er behauptet, auch widerlegt. Alles, was ihm einfällt gegen das, was er behauptet, soll er genauso gründlich dartun wie die Behauptung. Bitte nicht die tongue-in-cheek-Ironie. Wenn er uns dann überzeugt von seinem Selbstwiderlegungsernst, und es bleibt trotzdem noch etwas übrig von dem, was er behauptet hat, dann hat er uns wahrscheinlich für seine Behauptung gewonnen.

Dass das je praktiziert wird, ist unter unseren Umständen nicht zu hoffen. Trotzdem darf man es einmal sagen.

Zu sich selbst.

Ich sage zu mir: Keiner ist böser als du.

Und sage dazu: Ist doch beruhigend.

Und sage dazu: Aber beunruhigend auch.

Aber nicht zu sehr.

Das ist genug für heute.

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