Olaf Georg Klein

Olaf Georg Klein ist einer der wesentlichen Berliner Autoren und war in der Wendezeit ein führendes Mitglied des Neuen Forums. In seinen literarischen Arbeiten, Vorträgen, Hörspielen, Essays, Shortstorys und Romanen berührt er aus je unterschiedlichen Blickwinkeln existentielle und humanistische Grundfragen unserer Zeit.

Olaf Georg Klein wurde 1955 in Ost-Berlin geboren. Nach dem Abitur verweigerte er den Wehrdienst. Unter den diktatorischen Zuständen in der DDR wurde er damit zum "Staatsfeind". Jahrelang konnte er nur illegal Vorlesungen an der Universität in Germanistik, Ästhetik und Philosophiegeschichte besuchen.

1977/78 wird er für eineinhalb Jahre interniert. In dieser Zeit entstehen erste Aufsätze und Erzählungen. Nach seiner Entlassung lernt Klein den Philosophen und Regimekritiker Robert Havemann persönlich kennen und schließt sich aktiv der Friedensbewegung an.

Von 1979 bis 1984 studiert er Evangelische Theologie. Im Mittelpunkt seiner theoretischen Arbeiten steht das Werk des Philosophen und Theologen Paul Tillich. In dieser Zeit entstehen zahlreiche Erzählungen. Es gelingt ihm "So ein Leben" und "Ohnverschämtheiten" zu veröffentlichen. Zugleich beginnt Klein in dissidentischen Kreisen Vorträge über "Methoden des gewaltfreien Widerstandes" zu halten. Von da ab wird er jahrelang von der Staatssicherheit (dem Ostdeutschen Sicherheitsdienst) überwacht, oft wird seine Post beschlagnahmt, er wird zeitweise festgenommen und verhört. Die Akte, die der Staatssicherheit über ihn anlegt, trägt den bezeichnenden Decknamen "Querulant".

Nach seinem Studium arbeitet er als Assistent in der Evangelischen Akademie Berlin Brandenburg und bereitet unter anderem die erste öffentlich zugängliche Tagung über Siegmund Freud in der DDR vor.

1985 schreibt er das Hörspiel "Freiheit und Abschied des Herrn von Kleist" In ihm stellt Klein die beiden letzten Tage des Dichters dar. Das Leben und das Scheitern Kleist's an feudalistischen Strukturen, lassen den Hörer eindeutige Parallelen zur Erstarrung des gesellschaftlichen Lebens in der DDR ziehen. Da es aber ein "historischer" Stoff ist, kann er die Zensur nach langen Auseinandersetzungen passieren und wird 1986 gesendet.

Sein folgendes Hörspiel "Deutscher Alptraum" wird wegen seiner direkten Regimekritik verboten, kann aber 1988 in dem Ost-Berliner Untergrundverlag "Kontext" erscheinen. In diesem Hörspiel setzt sich Klein auf eine spektakuläre Weise mit dem Nationalsozialismus und den Parallelen zur DDR auseinander. Schuld, die nicht durch Reue bewältigt wird, zieht neues Schuldigwerden nach sich.

Als direkte Auseinandersetzung mit der Katastrophe von Tschernobyl schreibt er 1986 bis 1988 den Roman "Nachzeit". Dieser Roman ist aus der Perspektive einer Frau erzählt. In der Geschichte deckt  der Autor die diffizilen Mechanismen der Verschleierung und Einschüchterung, der Leugnung und Anpassung auf. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, das Manuskript in den Westen zu schmuggeln, erscheint der Roman nach dem Fall der Mauer 1990 in Berlin. Dieser Roman wird jetzt ins amerikanische übersetzt und erscheint 1998 bei Northwestern University Press.

Im Herbst 1989 nimmt Klein als Mitglied des Sprecherrates des "Neuen Forum" in Berlin und am Runden Tisch von Berlin maßgeblich an der Revolution und den Umgestaltungsprozessen in der DDR teil.

Bereits im Herbst 1989 veröffentlicht er seinen essayistischen Text "Niemand kann zweimal über dieselbe Brücke gehen" (in "Aufbruch in eine andere DDR", Rowohlt Verlag). In diesem Text legt sich Klein Rechenschaft ab, über sein Leben, seinen Weg und seine Geschichte in der Diktatur.

Sein Buch "Plötzlich war alles ganz anders — Deutsche Lebenswege im Umbruch", das 1994 bei Kiepenheuer und Witsch erscheint, hat in Deutschland und International eine große Resonanz hervorgerufen. Das Buch enthält zwölf prägnante Porträts, mit denen es Klein meisterhaft gelingt, die menschliche Tiefendimension der deutschen Wiedervereinigung zu beschreiben. Der Literaturwissenschaftler Prof. Emmerich, Universität Bremen, hat das Buch in seiner Literaturgeschichte der DDR als "eines der besten auf diesem Terrain" bezeichnet. Für dieses Buch hat Klein mehrere Auszeichnungsstipendien unter anderem vom Berliner Kultursenator erhalten.

Seinen Briefroman "Im Schatten der Zeit" beendete Klein im Frühjahr 1997. In ihm beschreibt er mit einer außergewöhnlichen Sprachbeherrschung die Liebesgeschichte zwischen einem Internierten und einer jungen Frau. Die Fragen nach dem Sinn der menschlichen Existenz nach Vergeblichkeit und Erfüllung geben dem Roman gleichermaßen Aktualität und Zeitlosigkeit. Für das Manuskript hat er bereits ein Auszeichnungsstipendium auf Schloß Wiepersdorf erhalten.

Mit seiner Frau Ila Wingen (bildende Künstlerin), die in Westdeutschland geboren und aufgewachsen ist, arbeitet er an einem Theaterstück über die babylonische Sprachverwirrung zwischen den Ost- und den Westdeutschen nach der Wiedervereinigung. Im Herbstsemester 1997 ist Olaf Georg Klein zusammen mit seiner Frau am Dickinson College in Carlisle, PA, als "Writer in Residence".

Er wird unter anderem am 16. Oktober 1997 im New Yorker Goethe-Institut und am 6. November im Goethe-Institut Washington lesen.


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