Anne Bleisteiner

1968 geboren in Passau

1987 - 92 Studium der Kunsterziehung und freien Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg (Prof. Reuter und Prof. Knaupp)

1988 Kunstakademie Krakau

1989 Stipendienaufenthalt an der Sommerakademie der Fondazione Ratti.

1992 - 95 Studium der freien Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. (Professor Klapheck)

1992-93 Studienaufenthalt auf Schloß Wiepersdorf

1993 - 94 Studienreisen nach Bulgarien, Lettland und Korea

1994 Neunmonatiger Aufenthalt in den USA (New York und Dickinson College in Carlisle)

1997 Erneute Aufnahme des Studiums bei Professor Klapheck


Meine Arbeit

Als Malerin bin ich bemüht, meine eigene Position zu finden. Die Kulturlandschaft hat sich aufgesplittert in unterschiedlichste Strömungen und Richtungen, Die Verzweigung des Baumes der Kunstgeschichte mit Cézanne, Gauguin und van Gogh verwächst sich heutzutage in einem Gestrüpp von unterschiedlichsten Meinungen, Haltungen und Ansichten. Die Sicht auf den Horizont, auf eine gemeinsame Wahrheit bleibt versperrt. Haben alle Maler und Bildhauer von Polyklet bis Cézanne die Natur als Orientierungsmuster akzeptiert, so scheint das Verhältnis des Menschen zur Natur jetzt keine Rolle mehr zuspielen. Natur wird in Form von Nationalparks konserviert und konsumiert. Woran liegt es, daß Natur für den modernen Menschen keine Rolle mehr spielt? Es liegt an der Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur. Der Mensch lebt nach dem Rhythmus der Maschinen. Trotzdem bringt die fortgesetzte Rationalisierung für ihn keinen Zeitgewinn, sondern Zeit ist für ihn Mangelware. Außerdem lebt der Mensch durch Werbung und Konsumdenken in einer vollkommen ideologisierten Welt. Die Werbung entwirft Rollenbilder und stilisiert die Werbefotografie zu Ikonen des 20. Jahrhunderts. Besonders deutlich wurde mir die Allgegenwart der Werbung in New York am Times Square, wo die Werbeflächen überdimensional groß sind. Dies hat mich zu Zeichnungen provoziert, die einen Reflex auf diese gigantische Dimensionsverschiebung darstellen. Werbung treibt den Menschen in den ewigen Konjunktiv, nämlich wie man glücklich sein könnte und wie man leben sollte. Die Werbung entwirft Abziehbilder der Wirklichkeit, und ich als Malerin setze meine Visionen dagegen. Früher wußte nur die Kunst eine Antwort auf die Frage, was schön ist. Heute vermischen sich Vorstellungen echter Kunst mit Werbekitsch zu einem unüberschaubaren Durcheinander.

Meine Bestrebung geht dahin, diesen gordischen Knoten zu durchhauen. So lebt der moderne Mensch auf zwei Zeitebenen, der Naturzeit und der Maschinenzeit. In diesem Spannungsfeld ist die Identitätskrise des modernen Menschen anzusiedeln. Dies ist vor allem in meinen Porträtdarstellungen thematisiert und zieht sich wie ein roter Faden auch durch meine anderen Arbeiten. Für mich ist Malerei eine Insel Utopia, eine Oase in der modernen Bilderflut. Die Hoffnung, durch ein Bild etwas zu verändern habe ich nicht, aber ich habe den Mut, durch meine Thematisierung von Landschaft, Stilleben und Figur ein Gegenbild zum momentanen Zeiterleben zu entwerfen.

In der Werbung wird z. B. immer der junge, dynamische Typus, der keine Probleme kennt und keine hat, zum Gegenstand der Darstellung. Mich interessieren dagegen auch die dunklen Seiten der menschlichen Natur wie Angst, Abhängigkeit, Krankheit und Depression als Gegenbild zu unserer auf Spaß und Konsum fixierten Gesellschaft. Stilleben sind für mich ebenfalls ein klassisches Thema: Die Dinge haben eine vielschichtige Bedeutung, die weit über ihre Funktionalität hinausgehen (Produktfotographie), und durch ihre Bedeutungsvielfalt das Vergangene mit der Gegenwart in Beziehung setzen. Landschaftsmalerei hat einen ideellen Gegenstand (Arkadien), während die Werbung Landschaft zu Konditionierungszwecken einsetzt (Come to Marlboro Country). Meine Farbauffassung orientiert sich daher nicht an der äußeren Erscheinung, sondern an meiner "inneren Farbskala", ein Produkt jahrelanger, harter Arbeit an der Kunstakademie. Erste Farbexperimente erfolgten 1987 in meinem Basisstudium an der Akademie. Ein wichtiger Schritt war der Einsatz von Ölfarben, da das Arbeiten mit Lasurtechnik möglich wird. Meine Malweise ist geprägt von einem schnellen, präzisen Pinselduktus, der das Wesentliche im Moment festhält, sich dadurch von aalglatter Hochglanzphotographie abhebt und viel schneller auf den Punkt kommt.


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